Energie

E-Control blickt auf Jahr mit Krisen und Herausforderungen am Energiesektor zurück

E-Control blickt auf Jahr mit Krisen und Herausforderungen am Energiesektor zurück
📆 10.10.2023 🕑 18:26

| Emittent: Pressedienst der Parlamentsdirektion – Parlamentskorrespondenz |

Tätigkeitsbericht der Regulierungsbehörde für 2022 zur Debatte im Wirtschaftsausschuss

Das Jahr 2022 war aufgrund der Krisen am Energiesektor das herausforderndste Jahr seit Beginn der Liberalisierung und machte eine Reihe an Sofortmaßnahmen erforderlich, wird im Tätigkeitsbericht der Energie-Control Austria (kurz: E-Control) für 2022 festgehalten. Die Abgeordneten nahmen heute im Wirtschaftsausschuss den Bericht einstimmig zur Kenntnis. Er gab im Ausschuss Anlass für eine intensive Debatte mit den Vorständen der E-Control, Wolfgang Urbantschitsch und Alfons Haber.

Gerade multiple Krisen wie im vergangenen Jahr zeigen die hohe Bedeutung der unabhängigen Regulierungsbehörde E-Control, betonte Energieministerin Leonore Gewessler. Sie hob deren umfassende Herausforderungen letztes Jahr im Hinblick auf die Auswirkungen durch den Krieg in der Ukraine, die Teuerung, die Versorgungssicherheit sowie den „Rekordausbau“ bei Photovoltaik hin. Dazu, dass Österreich hinsichtlich der Energieversorgung für den kommenden Winter gut gerüstet sei, habe die E-Control einen großen Teil beigetragen.

E-Control: Krisenteam im Februar 2022 einberufen

Unter anderem in Folge des Angriffskriegs Russlands auf die Ukraine haben im Jahr 2022 die Energiepreise bisher nie gekannte Höhen erreicht. Zugleich habe es noch nie so viel Verunsicherung auf den Energiemärkten gegeben wie 2022, wird im Bericht der E-Control festgehalten (III-934 d.B.). Noch im Februar 2022 sei ein Krisenteam einberufen worden, um wesentliche Vorbereitungen zur Versorgungssicherheit für den Krisenfall zu treffen sowie klare Ziele für etwaige Energielenkungsmaßnahmen zu definieren, berichtete Alfons Haber seitens der E-Control. Die Stromversorgung in Österreich zähle jedenfalls zu einer der zuverlässigsten, bekräftigte er. Insgesamt sei die Energieversorgung insofern gesichert, dass man gut über den kommenden Winter kommen werde, stimmte Wolfgang Urbantschitsch mit Gewessler überein.

Anteil an russischem Gas auf 53 % gesenkt

Durch die drastischen Maßnahmen zur Diversifizierung der Gasquellen konnte laut Berechnungen der E-Control der Anteil russischen Gases an der Gasversorgung von ca. 80 % im Februar 2022 auf 53 % im Zeitraum März bis Dezember 2022 gesenkt werden. Um der Abhängigkeit von russischem Gas gänzlich zu entkommen, werde Österreich allerdings bis 2027 brauchen, führte Ministerin Gewessler aus. Haber wies etwa auf Fragen von Christoph Matznetter (SPÖ) darauf hin, dass sich die Gaslieferrouten und damit auch die Rolle Österreichs etwa im Vergleich zum Jahr 2010 komplett verändert hätten. In Österreich selbst werde beispielsweise die Gasnetzinfrastruktur für die Anbindung des Speichers in Haidach an das österreichische Netz ausgebaut. Die Inbetriebnahme dafür sei Mitte 2024 geplant. Über das sogenannte Gasleitungs-Projekt „WAG Loop“ sollen außerdem zusätzliche Kapazitäten aus Deutschland nach Österreich gebracht werden. Auch Urbantschitsch zeigte sich auf Rückfragen etwa von Tanja Graf (ÖVP) zuversichtlich, dass der Teil von „WAG Loop“ nach Österreich bis 2027 realisiert werde. Außerdem gebe es vermehrt Gasflüsse von Italien nach Österreich, auch mit dem Flüssigerdgas LNG, meinte Haber etwa in Richtung von Karin Doppelbauer (NEOS).

Was die von Christoph Matznetter (SPÖ) hinterfragten Daten zu Quellen des derzeitigen Erdgases in Österreich betrifft, bezogen sich sowohl Haber als auch Urbantschitsch darauf, dass über die Lieferrouten die Herkunft gut nachgewiesen werden könne – ebenso wie die Lieferquellen von LNG. Die Daten würden von der E-Control transparent dargestellt und seien auch online – etwa über das Energieinfoportal „energie.gv.at“ – abrufbar. Es gebe aber die Bestrebungen, ähnlich wie beim Strom Herkunftsnachweise auch beim Gas zu implementieren, so Haber. Was den Gasspeicher in Haidach betrifft, sind Haber zufolge 40 % des Speichers Österreich zugeordnet, wie er etwa in Richtung von Christoph Stark (ÖVP) ausführte.

Szenarien im Hinblick auf einen Ausfall würden jedenfalls laufend geprüft, erläuterte Gewessler etwa auf Fragen von Alois Schroll (SPÖ). Berücksichtigt würden in diesen Szenarien beispielsweise, wie kalt der Winter werden kann, aber auch wie es um Gasrouten durch ein Kriegsgebiet wie die Ukraine bestellt sei. Es werde hier intensiv weiter daran gearbeitet, dass alle Szenarien auf dem Tisch liegen, um gegebenenfalls die Auswirkungen auf Österreich so gering wie möglich zu halten.

Erreicht werden konnte dem Bericht zufolge für die Monate August bis Dezember 2022 gesamt eine Gasverbrauchsreduktion um 15 %. Die EU-Vorgabe, den Gasverbrauch für diesen Zeitraum um mindestens 15 % zu senken, sei daher erfüllt worden. Auch der Stromverbrauch sei niedriger als im Vorjahr gewesen. Das EU-Ziel, mindestens 10 % Strom einzusparen, sei aber in keinem Monat erreicht worden. Konkret sei er um 2,8 % niedriger als im Jahr davor gelegen, erörterte Alfons Haber.

Von Energiepreissteigerungen zu Preistransparenz

Zu den Energiepreissteigerungen im vergangenen Jahr erläuterte Wolfgang Urbantschitsch, dass sich die gestiegenen Großhandelspreise erst verzögert in den Endkundenpreisen ausgewirkt haben. Mittlerweile habe sich die Situation wieder beruhigt und die Stabilisierung der Großhandelspreise bewirke – wiederum mit verzögertem Effekt – auch niedrigere Endkundenpreise. Die staatliche Unterstützung wie etwa die Strompreisbremse halte er rückblickend für den damaligen Zeitpunkt für notwendig, sagte er gegenüber Lukas Hammer (Grüne) und Karin Doppelbauer (NEOS). Umgekehrt seien aber die Strompreise erst später gesunken als die Gaspreise, wonach nicht auszuschließen sei, dass darauf – oder etwa auch auf die Preisgestaltung – die Strompreisbremse eine Auswirkung hatte.

Was die Preistransparenz betrifft, brauche es in der Kommunikation ein Umdenken der Energiewirtschaft, meinte Urbantschitsch etwa in Richtung von Petra Oberrauner (SPÖ) und Elisabeth Götze (Grüne). So kenne er beispielsweise noch keine App-Lösungen der Energieversorgungsunternehmen, was mittlerweile aber State of the Art wäre. Rechtsunsicherheit orte er derzeit dabei, unter welchen Voraussetzungen Preisänderungen vorgesehen werden können. Was die Möglichkeiten des Anbieter-Vertragswechsels betrifft, versuche die E-Control ihr Bestes, etwa über den Tarifkalkulator, die Menschen zu informieren. Das Thema werde aber auch komplexer.

Der Bedeutung des Themas Rechnungstransparenz, das etwa Axel Kassegger (FPÖ) angesprochen hatte, stimmte Gewessler zu. Hinsichtlich der Informationen zu Wechselmöglichkeit für Strom habe man im Parlament bereits Maßnahmen gesetzt. Was die Übergewinnsteuer betrifft, habe man diese dafür genutzt, um Unterstützungsleistungen auf den Weg zu bringen, so Gewessler. In Richtung von Martin Litschauer (Grüne) meinte Urbantschitsch, dass alle Angebote im Tarifkalkulator enthalten sein müssen.

Stromerzeugung zu 71 % aus erneuerbarer Energie

Bei der erneuerbaren Energie ist 2022 laut Bericht vor allem bei den Photovoltaikanlagen ein regelrechter Boom zu erkennen gewesen, was sich auch bei der Netzinfrastruktur bemerkbar gemacht habe. Fragen zu Netzanschlussthemen seien auf der täglichen Agenda gestanden, wie Haber hervorhob. In Summe habe der Anteil erneuerbarer Energien an der gesamten Stromerzeugung im letzten Jahr 71 % betragen. Geschaffen worden seien etwa neue Netzentwicklungspläne, um fit für die Energiewende zu sein.

Was die Regulierungsaufgaben der E-Control betrifft, erörterte Haber, dass etwa für das Gasnetz ein neues Regulierungsmodell mit marktkonformer Finanzierung geschaffen worden sei, das in Europa auch schon Nachahmer gefunden habe. Derzeit arbeite man an einem Regulierungsmodell für Stromverteilernetzbetreiber, um die Energiewende zu schaffen und alle Photovoltaikanlagen ans Netz zu bekommen, so Wolfgang Urbantschitsch. Insgesamt sei sowohl für Strom als auch Gas die Basis geschaffen worden, den Netzausbau voranzutreiben, erläuterte Haber etwa gegenüber Christoph Stark (ÖVP) und Axel Kassegger (FPÖ). Hier würden Rahmenbedingungen geschaffen, dass auch Investment möglich sei. 

Einen Aufwärtstrend erlebten dem Bericht zufolge auch die Energiegemeinschaften. Auf Fragen von Maximilian Linder (FPÖ) meinte Haber, es gebe derzeit rund 700 solcher Gemeinschaften. Man wisse um die Probleme und sei dabei, insbesondere jene betreffend den Datenaustausch zu lösen. Was das Erneuerbaren-Ausbau-Gesetz betrifft, arbeite man intensiv an der Grundidee eines One-Stop-Shops für Verfahren unter der UVP-Schwelle, sagte Gewessler zu Fragen etwa von Tanja Graf (ÖVP). Im Hinblick auf eine Beschleunigung der UVP-Verfahren seien alle Ebenen gefordert, einen Beitrag zu leisten.

Massiver Anstieg bei Informationsbedarf

Beim Informationsbedarf zu den Krisen im Jahr 2022 habe die Beratungsstelle der E-Control einen bisher nicht gekannten Anstieg erlebt. Die Behörde sei regelrecht „gestürmt“ worden, so Urbantschitsch. Bei den Anfragen und Beschwerden habe sie ein Plus von 260 % gegenüber 2021, die Schlichtungsstelle ein Plus von 180 % verzeichnet. Beim Tarifkalkulator habe es ein Allzeit-Hoch mit einer Verdreifachung der Besuche gegeben. Auch auf der Website der E-Control habe sich die Zahl der Besuche mehr als verdreifacht. Auf der Seite „Zahlungsschwierigkeiten“ habe es einen Zuwachs von 1.120 % an Zugriffen gegeben. Ein wesentlicher Teil der Tätigkeit der E-Control umfasse auch Transparenz und Information, wie es um die Versorgungssicherheit steht, so Urbantschitsch. Auch den unzähligen Anfragen von Medien und Stakeholdern sei man in viel umfangreicherem Ausmaß nachgekommen, als es in der Vergangenheit erforderlich gewesen sei. (Fortsetzung Wirtschaftsausschuss) mbu


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